Drehmoment und Drehzahl

  • Hallo,

    Erstmal Hut ab der Felix kennt sich aus.

    Zu Manus Situationen:

    Das ist ganz einfache Physik. Bzw. die goldene Regel der Mechanik. Wenn der Hebelarm länger wird brauche ich weniger Kraft für eine Arbeit.
    Ob es sich jetzt um ein Getriebe, Ritzel und Kette, Flaschenzüge, Brechstange oder sonst was handelt wo etwas Übersetzt wird.
    Es gibt immer ein Übersetzungsverhältnis. Die Kraft verhält sich immer entgegengesetzt zum Weg (antiproportional). Wird der Weg länger wird weniger Kraft benötigt.
    Beim Fahrrad wird die Übersetzung durch die Durchmesser der Ritzel festgelegt. Vu = D x pi x n. Desto größer das Ritzel desto größer die Umfangsgeschwindigkeit bei gleicher Drehzahl. Wenn du jetzt in die Pedale trittst dreht sich die Welle mit einer bestimmten Drehzahl sagen wir n=10min-1. Das vordere Ritzel ist D=100mm. Also bewegt sich das Ritzel am Umfang bzw. die Kette mit 3140mm/min. Jetzt ist das hintere Ritzel nur D=50mm. Die Umfangsgeschwindigkeiten aller Ritzel sind gleich groß. Also kann sich nur die Drehzahl ändern.
    n= Vu / (DxPi). 3140mm/min geteilt durch 50mm, geteilt durch pi. Also 20 Umdrehungen pro Minute am hinteren Ritzel.

    Das vordere Ritzel macht weniger Umdrehungen (also im Prinzip Weg) pro Meter den du fährst. Weniger Weg mehr Kraftaufwand.

    Der Durchmesser vom Hinterrad spielt auch noch eine Rolle, wird dieser größer wird die Kraft auch wieder größer, da die Drehzahl abnimmt also noch weniger (Weg) an den Pedalen pro geahrenen Meter.

    Alles ist immer noch W = F x s W(work=Arbeit) ist dein gefahrener Meter mit dem Rad. Ob du den jetzt mit wenig Kraft (F) und vielen Pedaltritten (s) machst. Oder mit einem halben Pedaltritt und viel Kraftaufwand. Es ist immer noch die selbe Arbeit. Aber erst wenn du das ganze in einer bestimmten Zeit schaffst hast du etwas geleistet.

    Ist doch klar. Oder?

    2 Mal editiert, zuletzt von MPS-Tuner (20. Januar 2015 um 16:33)

  • Ja...ich hab auf der Heimfahrt auch nochmal drüber nachgedacht.

    Soviel Text von mir...für nix^^...und ich fühle mich gerade wie der Durchgepeitschte^^

    Aber ich glaube ich habe die Thematik zumindest im Groben verissen.
    Sprich, ich habe jetzt verstanden was du mir sagen wolltest :winking_face:

    EDIT:
    Ich hab mich glaub ich an dem Fahrradbeispiel zu sehr aufgegeilt :winking_face:

  • Ich hab noch mal ein wenig drüber nachgedacht, wie ich es verständlicher erklären kann oder aufzeigen, was dein Denkfehler ist Manu.

    Du denkst von hinten nach vorn. Du setzt eine Fahrleistung voraus und sagst, um diese zu erreichen ist die Belastung für den Motor in den hohen Gängen höher. Damit hast du insofern recht, wenn wir annehmen, der MPS wäre in der Lage bei jeder Geschwindigkeit eine Beschleunigung von meinetwegen 10m/s² zu erreichen. Dass das nicht so ist, lässt sich einfach nachvollziehen und wird grafisch in der schon erwähnten Zugkrafthyperbel dargestellt. Ja, wenn er das könnte, dann wäre die Belastung für die Pleuel definitiv höher. Denn er bräuchte dafür dann auch ein vielfaches von den 380Nm. Dass unser Motor das aber nicht kann, ist leider fakt. Das Fahrzeug wird immer nur so stark beschleunigen, wie der Motor imstande ist.. Deine Fahrleistungen werden vom Motor bestimmt, nicht anders rum.

    Mit anderen Worten: Diese Gegenkraft im Antriebsstrang von der du sprichst ist immer nur so groß wie der Motor auch in der Lage ist aufzubringen. In unserem Fall maximal 380Nm. Mehr als das kann der Motor nicht erbringen, egal in welchem Gang. Aber zum Glück auch nicht weniger. Deshalb aber ist die Belastung für das Pleuel (380Nm) immer gleich, egal welcher Gang.

    EDIT: Danke für die Blumen :grinning_squinting_face:


  • Mit anderen Worten: Diese Gegenkraft im Antriebsstrang von der du sprichst ist immer nur so groß wie der Motor auch in der Lage ist aufzubringen. In unserem Fall maximal 380Nm. Mehr als das kann der Motor nicht erbringen, egal in welchem Gang. Aber zum Glück auch nicht weniger. Deshalb aber ist die Belastung für das Pleuel (380Nm) immer gleich, egal welcher Gang.

    EDIT: Danke für die Blumen :grinning_squinting_face:

    So jetzt hab ich es verstanden.Der Satz hat den Knoten gelöst.
    Ich entschuldige mich in aller Form und auch im Namen meiner Familie für die entstandene Verwirrung^^

    by the way:

    Zitat

    Ist doch klar. Oder?

    Naja, ich gebe mir da gerne die Blöße. Das hatte ich wohl (wenn überhaupt) irgendwann frühe Realschule Mitte der Neunziger^^

  • Ich glaube nicht dass es ein Grund gibt dich zu entschuldigen Manu! :smiling_face: War doch für alle lehrreich! Es ist doch alles sehr sachlich abgelaufen, es ging hier wirklich drum was zu lernen und nicht darum wer Recht hat! Sowas sieht man in Foren sonst ja nie..
    Als ich darüber nachgedacht habe, kamen bei mir auch so einige Holperstellen zutage wo ich dachte "hä moment mal wie ist das eigentlich?", wo man sich vorher nie wirklich Gedanken drüber gemacht hat.

    Es sind übrigens noch mehr als 20kN, die auf dem Pleuel wirken :grinning_squinting_face: ich überarbeite die Berechnung heut abend noch mal.. Ist nämlich noch niemandem aufgefallen, dass der Motor in meinem Beispiel gar keine 380Nm drückt :winking_face: Ich hab (fälschlicherweise, da sieht man mal, auch das war von mir nicht richtig nachgedacht!) nämlich das Peak Moment auf 380Nm gelegt. Ist aber ja quatsch, wir haben ja über die gesamte Verbrennung ein mittleres Drehmoment von 380Nm. Heißt also, der Peak müsste deutlich höher liegen... Mein Motor in dem Excel File hätte vielleicht gerade so 200Nm oder so.. Macht aber auch Sinn, hatte mich schon gewundert warum die Verbrennunsdrücke so klein waren, hatte eher im Bereich bis 100 bar oder so erwartet..

  • Habs neu berechnet, man braucht ein Peak von knapp 1430Nm, um bei Überlagerung aller 4 Zylinder auf ein mittleres Drehmoment von 380Nm zu kommen :grinning_squinting_face: Die Pleuelkraft beträgt dann knappe 70kN... klingt aber plausibel. Für 6000rpm habe ich es jetzt nicht mehr ausgerechnet, denke das reicht ja nun um eine vorstellung zu bekommen :smiling_face:

  • Hallo Felix, erstmal danke für die super Beispiele! Wenn es dir nicht zu viel arbeit macht würde ich es allerdings super finden wenn du die Tabellen nocheinmal Grafisch darstellen könntest und ein wenig mehr auf die Eckdatein eingehen könntes. Mich interessiert dieses Thema doch sehr.

    Gruß

  • wir könnten natürlich die berechnung noch durch eine thermodynamische betrachtung der verbrennungsabläufe machen und würden deutlich bessere Druckwerte über dem Zyklus bekommen.

    http://www-old.me.gatech.edu/energy/ICEngin…lesAnalysis.pdf

    Das wäre dann aber schon eine recht umfangreiche Motorsimulation, aber wenn man den ideal Otto Prozess als Modellvorlage benutzt, könnte man anhand der uns real bekannten Werte mal mechanischen und thermischen wirkungsgrad des motors berechnen...
    Fragt mich jetzt nicht was man da für einen Nutzen von hat :grinning_squinting_face:
    Ich sollte mir mal wieder ne Freundin zulegen..

  • Hier also mal ein paar Erklärungen:

    Zuersteinmal die Rohdaten des MPS Motors:

    Zuerst der halbe Hub, also die Kurbelwellenkröpfung, bezeichnet mit r, mit 94mm/2=47mm. Danach die Bohrung und Pleuellänge l. Dann die Kolbenfläche (projezierte Kreisfläche, also Zylinderquerschnitt!) in mm² und m², dann das Pleuelverhältnis Lambda welches sich berechnet aus r/l=47/155. Danach die gewünschte Drehzahl (in diesem Fall 3000U/min), die dazugehörige Winkelgeschwindigkeit und das Zeitintervall für die Schrittweite von 5° Kurbelwellenwinkel. Zuletzt noch die Kolbenmasse und die anteilig oszilierende und rotierende Pleuelmasse, jeweils 1/3 und 2/3 der Gesamtmasse.

    Damit stellen wir nun die Gleichung für den Kolbenweg s auf, definiert als positiv in negativer Z-richtung (also nach unten) mit dem Nullpunkt im oberen Totpunkt (OT). UT entspricht also s=94mm.
    Die Formel ist relativ komplex, eine Herleitung erspare ich mir hier. Grafisch dargestellt sieht man die Kolbenbewegung über 360° KW hier:

    Bitte bedenkt, dies ist keine Sinuskurve! Hier kann man sehr gut sehen, was vielleicht vielen gar nicht bewusst ist wenn man mal nicht genauer drüber nachgedacht hat: Bei 90° nach OT hat der Kolben bereits mehr als den halben Hub zurückgelegt, das heißt der halbe Hub wird bereits bei ca 82° nach OT erreicht!

    Da wir nun den Kolbenweg kennen und wir eine konstante Drehzahl betrachten, können wir die X-Achse durch eine diskrete Zeit-Achse ersetzen. Das ermöglicht uns, die Funktion über der Zeit zu integrieren und die Kolbengeschwindigkeit zu errechnen. Diese sieht bei den 3000U/min so aus:

    Die mittlere Kolbengeschwindigkeit beträgt hier 9,134m/s, Peak 15,4m/s, ein recht humaner Wert natürlich. Bei 6000U/min wären es natürlich 18,268m/s, Peak knapp 30,8m/s auch noch akzeptabel. Bei Höchstdrehzahl von 7000U/min schon über 21m/s, und Peak knapp 36m/s, da wird es dann langsam kritisch. Zum Vergleich, die hochdrehenden F1 V8 sind im Allgemeinen an der absoluten Belastungsgrenze für Hubkolbenmotoren mit einer mittleren Kolbengeschwindigkeit von 26,5m/s und Peak 42,4m/s bei 20.000U/min. Dies ist nur durch die extreme Kurzhubigkeit der V8 möglich, in diesem Falle (Cosworth CA) Bohrung=98mm und Hub=39,77mm. An diese Werte stößt man mit dem MPS Motor bei 8700U/min bezogen auf mittlere und 8260U/min bezogen auf Peak Kolbengeschwindigkeit. Es wäre also zu empfehlen, diese Werte nicht zu überschreiten...
    Auch in diesem Diagramm schlägt sich nun auch die Beobachtung des vorhergehenden Diagramms nieder: Auch die Kolbengeschwindigkeit ist nicht maximal bei 90° nach OT, sondern bereits bei ca 75° nach OT. Da aber die Geschwindigkeit im UT wieder 0 sein muss, erkennt man, dass die Kurve also nicht symmetrisch ist! Dies ist übrigens auch der Grund, warum es überhaupt oszillierende Massenkräfte 2. und aller folgenden Ordnungen und nicht nur die 1. Ordnung gibt! Dies sind die Massenkräfte, die durch den Lancester Ausgleich (der unten in der Ölwanne sitzt) getilgt werden.

    Um nun auf die Kolbenbeschleunigung zu kommen, müssen wir die Geschwindigkeit wieder über der Zeit integrieren und erhalten folgende Kurve:

    Hier schlägt sich nun sehr deutlich sichtbar unsymmetrische Kolbengeschwindigkeitsverlauf nieder. Denn wenn der Kolbenweg tatsächlich eine Sinuskurve wäre, dann wäre die Kolbengeschwindigkeit natürlich eine Cosinuskurve gewesen und die Kolbenbeschleunigung eine negative Sinuskurve. Dass die reale Kurve deutlich von einer negativen Sinuskurve abweicht, beweist meine Behauptung zu Beginn. Sehr aufschlussreich ist hier, dass die Beschleunigung von Kolben und Pleuel und den anderen beteiligen Bauteilen im OT und UT nicht identisch sind, folglich auch nicht die Massenkräfte! konkrete Werte:
    3000U/min: mittlere Beschleunigung 2194,7 m/s², Peak 6039 m/s²
    6000 U/min: mittlere Beschleunigung 11052,28 m/s², Peak 24156 m/s²
    7000 U/min: Peak 32879m/s²
    20.000 U/min Cosworth CA: Peak 104142,96 m/s²

    ACHTUNG! Hier gibt es mehrer Sachen zu bedenken. Zum einen, während sich die Kolbengeschwindigkeit mit doppelter Drehzahl ebenfalls verdoppelt, steigt die Beschleunigung im Quadrat, also bei doppelter Drehzahl um Faktor 4! Lasst euch nicht beirren, dass es nur auf den Peak Wert zutrifft, die mittlere differenziert sich aufgrund der komplexen mathematischen Funktion dahinter. Zum anderen suggeriert der Wert des F1 Motors, dass wir ja noch wahnsinnig viel Raum nach oben haben. Vorsicht! Das ist nicht so! Denn während die Kolbengeschwindigkeit gut mit anderen Motoren vergleichbar ist, spielt bei der Beschleunigung für die Belastung die Masse der oszillierenden Bauteile eine Rolle! Stichwort F=m*a.
    Machen wir das ganze an Zahlen fest:
    MPS Motor bei Höchstdrehzahl: F= (355g+243g)*32879m/s²=19661,642N
    Cosworth bei Höchstdrehzahl: F= 370g*104142,96m/s²=38532,895N
    Natürlich liegt der F1 Motor immer noch deutlich drüber, aber nun doch gar nicht mehr so viel wie es vorher aussah. Rechnen wir das ganze mal rückwärts:
    F/m=a führt zu 38532,895N/0,598kg=64436,28m/s² Kolbenbeschleunigung beim MPS Motor. Das ergibt sich bei einer Motordrehzahl von 9800U/min! Das heißt, die Belastung eines MPS Motors bei 9800U/min entspricht denen eines F1 Motors bei 20.000U/min! Ich denke, das rückt das Verständnis wieder ins richtige Verhältnis.
    Noch mal zur Verdeutlichung der quadratischen Zusammenhänge der Massenkräfte: Eine Erhöhung der Höchstdrehzahl des MPS Motors von 7000 auf 8000U/min, was eigentlich gar nicht mal so viel erscheint, erzeugt eine Mehrbelastung von 30% für eure Motorkomponenten!

    So, aus der Masse und Beschleunigung und F=m*a haben wir uns die oszillierende Massenkraft der Kolbenbaugruppe errechnet. Diese Massenkraft wird nun über das Pleuel auf die Kurbelwelle übertragen. Allerdings nicht immer zu 100%! Denn durch die Schrägstellung des Pleuels über dem Zyklus teilt sich die Massenkraft auf in eine Kraft in Pleuelrichtung und eine Kraft gegen die Zylinderwand auf, Gleitbahnkraft genannt. Zuersteinmal den Verlauf des Pleuelwinkels:

  • Aus diesem Winkel lässt sich die Gleitbahnkraft und tatsächlich auf dem Pleuel wirkende Massenkraft (noch ohne Gaskraft!) berechnen. Hier alle drei zusammen:

    Die blaue Linie ist die berechnete Massenkraft, rot die Kraft, die daraus resultierend eure Kolben gegen die Zylinderwand drückt und damit überhaupt für Verschleiß dort sorgt und die grüne die, die tatsächlich auf das Pleuel wirken.

    So viel zu den Massenkräften, doch jetzt wird es ja erst richtig interessant! Jetzt kommt die Verbrennung ins Spiel, das Bums in unserem Motor! Bei 3000U/min sieht der Druckverlauf im Brennraum in ungefähr so aus:

    Dargestellt ist hier nur der Brennraumdruck von 40° vor OT is 180° nach OT, denn der Rest ist ja nicht sonderlich interessant. Da wird uns nur Kraft geklaut, nicht geschenkt.
    Natürlich stehen mir dort leider keine realen Messdaten zur Verfügung, ich habe mich aber an Messungen von anderen Motoren orientiert und sie stellt einen "normalen" Verbrennunsverlauf dar. Auch der Maximaldruck liegt in einem üblichen Rahmen für einen aufgeladenen Benzinmotor.
    Da der Brennraumdruck nun auf der Kolbenfläche anliegt, entsteht auf den Kolben eine Kraft, Gaskraft genannt. Der Verlauf ist identisch mit dem Brenndraumdruck, denn die Kolbenfläche ist ja konstant:

    Diese Gaskraft lässt sich nun mit der Massenkraft überlagern und vektoriell addieren, sodass wir auf die tatsächlich wirkende Kraft am Kolben kommen:

    Hier sind jetzt alle Einflüsse vorhanden, die Massenkraft der Bauteile bei einer bestimmten Drehzahl als auch der Verbrennungsablauf. Sehr gut sieht man auf diesem Diagramm, dass die maximale Kolbenkraft bereits bei 15° nach OT anliegt! Zu diesem Zeitpunkt ist das Pleuel noch gar nicht allzuweit aus der OT Position ausgelenkt, der effektive Hebelarm an der Kurbelwelle ist noch gar nicht so groß. Ein Großteil der Gaskräfte geht also einfach nur durch die Pleuel in die Kurbelwelle und in das Motorgehäuse selbst und wird nicht in Drehmoment umgewandelt!

    Mit der zuvor gezeigten vektoriellen Aufteilung in Gleitbahnkraft und Pleuelkraft, müssen wir nun auch die wirklich wirkende Kolbenkraft aufteilen und bekommen nun folgende, wirklich am Pleuel anliegende Kraft. Bedenkt, wenn man sich den Verlauf der Massenkräfte und Gaskräfte und ihre Vorzeichen zu manchen Zeitpunkten anschaut, so sieht man, dass sich die Massenkräfte und Gaskräfte teils gegenseitig verringern, teils vergrößern! Dies ist wichtig, wenn wir zwischen den Drehzahlen differenzieren. Denn je höher die Drehzahl, desto größer der Einfluss der Massenkräfte auf das Drehmoment! Um letztendlich zu unserem geliebten Drehmoment zu kommen, müssen wir nun noch den Hebel bestimmen, der an der Kurbelwelle vorhanden ist. Dieser kann maximal r=47mm betragen, dies passiert jedoch nicht bei 90° nach OT! Denn durch die Schrägstellung des Pleuel erreichen wir diesen schon ein wenig früher. Schauen wir:

  • Hier haben wir nun die letztendliche Pleuelkraft, die unser Drehmoment an der Kurbelwelle erzeugt und um die es in der ganzen Diskussion überhaupt ging:

    Hier erkennt man, dass die wahre maximal wirkende Kraft in einem Pleuel sehr viel größer sein kann, als einfach nur das maximale Drehmoment geteilt durch den halben Hub der Kurbelwelle. Hier sind es immerhin die bereits erwähnten knapp 70kN.

    Jetzt kommen wir langsam zum Ende (jedem, der es bis hierhin geschafft hat, sei schon mal auf die Schulter geklopft, ihr werdet gleich belohnt!), denn wir müssen diesen Kraftverlauf nur noch mit unserem Hebelverlauf an der Kurbelwelle multiplizieren und kommen endlich zum Drehmoment an der Kurbelwelle:

    Natürlich ist das Drehmoment bei einer Verbrennung nicht konstant! Um daher ein mittleres Drehmoment von 380Nm zu erreichen, muss der Peak also deutlich höher liegen. In unserem Falle bei 3000U/min sogar bei 1460Nm. Aber aufpassen Jungs, das liegt nur über eine sehr kurze Dauer an. Also bitte nicht heute Abend an die Tanke fahren und sagen "Jungs, mein Motor drückt fast 1500Nm!"
    Was hier sehr wichtig ist, ist die Tatsache, dass das maximale Drehmoment nicht mal annähernd bei maximalem Hebel an der Kurbelwelle entsteht, aber auch nicht bei maximaler Pleuelkraft! Die Pleuelkraft war am größten bei 15° nach OT, der Hebel erst bei 75° nach OT. Das maximale Drehmoment entsteht bei 35° nach OT. Das ist wichtig für die gesamte Überlegung zu der Thematik, warum Pleuelbelastungen unterschiedlich sein können, wenn das Drehmoment zwar gleich ist, nicht aber die Drehzahl! Denn wir sehen hier, die maximale Pleuelkraft steht gar nicht direkt mit dem maximalen Drehmoment im Zusammenhang!

    Doch wie kommen wir denn dann nun wenigstens auf unsere 380Nm? Naja, wir haben ja noch 3 andere Zylinder, die uns dabei helfen.. Also holen wir die doch auch einfach dazu! Das sieht dann im einzelnen so aus:

    Die können wir jetzt alle zu einem gemeinsamen Drehmoment addieren. Die negativen Bereiche kommen übrigens teils aus den Massenkräften und teils aus der Verdichtungsarbeit vor Zünd OT, die natürlich Drehmoment braucht!

    Dort haben wir nun in Blau die Addition aller einzelenen Zylinder und den realen Drehmomentverlauf, wenn man ihn hochfrequent an der Kurbelwelle messen würde. Das ganze mitteln wir nun über die Zeit und bekommen somit unsere bekanntes Drehmoment von guten 380Nm! Das ist nun der wirkliche Wert, mit dem ihr an der Tanke prahlen könnt.

    Damit wäre das Kapitel 1 nun abgeschlossen und bedanke mich schon mal für eure Aufmerksamkeit. Ich habe versucht es alles so praktisch wie möglich zu erklären und darzustellen und ich hoffe, damit vielleicht auch ein paar "laien" erreicht zu haben und ihr Wissen über Verbrennungsmotoren erweitert zu haben. Ich weiß, es ist viel Text und viel zum angucken geworden, aber wen es interessiert, der wird sich denke ich die Zeit nehmen und es durcharbeiten.

    Ich werde das erstmal ein bisschen hier stehen lassen und gebe euch Zeit, wirklich alles davon verstanden zu haben. Wenn sich das Wissen halbwegs eingeprägt hat, dann starten wir mit Kapitel 2 und ich zeige euch dann die Unterschiede zur Drehzahl von 6000U/min!

    Gruß,
    Felix :grinning_face_with_smiling_eyes: